Wie sieht die Schule des 21. Jahrhunderts aus?

Konzept

Immer wieder wird in den Medien der Begriff «Schule des 21. Jahrhunderts» bemüht. Dabei ist der Grundgedanke bei uns fernab von Automatisierung des Arbeitsmarkts und Digitalisierung der Schule ein ganz anderer.

Eine Schule des 21. Jahrhunderts darf im engeren Sinn keine Schule sein, wie wir sie kennen. Sondern sie soll als Basislager dienen, von dem aus die Welt erkundet und verstanden, erforscht und mitgestaltet wird. Konkreter: Theoretisches Wissen wird mit praktischem Nutzen verbunden. Der Sinn und Zweck des Lernens wird direkt begreifbar und erlebbar. Genau auf diesen Erkenntnissen baut das Konzept der Neuen Stadtschulen auf und lässt sich in drei Säulen formulieren: Lernen mit Zielen, Lernen durch Unternehmen, Lernen in Zusammenhängen. Dies geschieht überall, aber insbesondere in den Clubs.

Qualifikationen für das 21. Jahrhundert

Der Wissenschaftsrat der UNESCO hat sich vor vielen Jahren mit der Frage beschäftigt, was der Mensch zur Bewältigung seines Lebens wirklich braucht, und diese Erkenntnisse als Schlüsselqualifikationen formuliert. Die Neuen Stadtschulen wollen im gemeinsamen Lernen und Leisten und mit allen Beteiligten an der Erreichung dieser Schlüsselqualifikationen arbeiten. Angelehnt an diese Qualifikationen haben wir gemeinsam unseren internen NSSG Kompass entworfen.

Eintritt jederzeit möglich – 7. bis 10. Klasse

Ein Lehrplan, so vielfältig wie das Berufsleben selbst

Die Neuen Stadtschulen bieten Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, im Rahmen der erweiterten Sekundarstufe (6.–10. Lernjahr) an die realen praktischen Anforderungen des Lebens in Beruf oder Studium Anschluss zu finden. Als Basis dient uns der Lernplan 21. Wir werden zweimal jährlich vom Kanton visiert und sind eine anerkannte Oberstufe. Auch die kantonalen Testsysteme wie Cockpitmodule oder Stellwerk führen wir an der Neuen Stadtschule durch.

So weit, so gut. Aber was macht diese Schule nun so anders?

Zuallererst ist es die Grundidee, das Lernen und damit verbunden Schule neu zu denken. Und das so konsequent, dass sich dies nicht nur in der Organisationsstruktur zeigt, sondern vor allem in einer konsequenten pädagogischen Neuausrichtung und einer Architektur, die das Lernen unterstützt. Kombiniert werden diese Grundsätze mit moderner Technik und der Stadt St.Gallen als Unterrichtsort. Schule passiert hier nicht einfach, sondern folgt unumstösslichen Grundsätzen – einem Konzept, das mehr als seine Einzelteile ist. Im Fussball könnte man dies allenfalls mit dem meisterlichen Tiki Taka des FC Barcelona vergleichen. Die Spielidee ist der Anfang, ergreift dann die Spieler, und daraus entsteht etwas Neues, Einzigartiges, Wunderbares.

Nun, was sind diese Grundsätze?

Einerseits ist es die Betonung des autonomen oder selbstständigen Lernens. Etwa die Hälfte ihrer Zeit an der NSSG arbeiten die Lernpartnerinnen und Lernpartner selbstständig, alleine, in Teams oder in kleineren Gruppen. Der andere Teil besteht aus Inputs (Lektionen à 25 min) durch die Lernbegleitenden, in denen die Vermittlung der Faszination für die einzelnen Fächer mindestens so zentral ist wie die Lernorganisation, die Diagnostik und die Wissensvermittlung. Am Nachmittag findet Sport, Projektunterricht und an zwei Tagen Clubs statt. In den Clubs können die Lernpartnerinnen und Lernpartner neigungsorientiert ihr Wissen vertiefen. Der Mittwochnachmittag steht ihnen allen in Form eines begleiteten Lernateliers offen – aktuell besucht rund die Hälfte der Jugendlichen dieses freiwillige Angebot.

Zweitens glauben wir daran, dass eine gestaltete Umgebung das Lernen und das Leben an einer Schule positiv beeinflusst. Dabei geht es nicht nur um Architektur, sondern auch um klare Leitplanken, Rituale, gemeinsame Abmachungen – die Kultur.

Und drittens, und vielleicht noch zentraler als alles andere, sind wir als Pädagoginnen und Pädagogen der NSSG durch und durch ins Gelingen verliebt. Hinter dieser simplen Formulierung stehen natürlich eine Weltanschauung, ein Menschenbild und eine persönliche Haltung.

Rein strukturell lässt sich unser Lernkonzept womöglich am Stundenplan ablesen. Hier ein Auszug:

STUNDENPLAN PDF

g, m, e – was soll das?

Auch wenn Sie den Stundenplan nur überfliegen, fallen Ihnen die verschiedenen Lernniveaus g, m und e auf. g bedeutet Grundniveau, im Volksschulsystem etwa mit Realniveau gleichzusetzen. m ist das mittlere Niveau und entspricht dem Sekundarniveau. e schliesslich ist das erweiterte Niveau. An unserer Schule führen wir das e-Niveau als progymnasialen Zug, auch Untergymnasium genannt.

Keine Klassen – und das Alter ist nur eine Zahl?!

Es ist hinreichend belegt, dass das Alter bei Jugendlichen tatsächlich nur eine Zahl ist. Allein die körperliche Reife klafft bei jungen Männern und jungen Frauen teilweise um mehrere Jahre auseinander. Gleiches gilt selbstredend auch für die emotionale Reife. Es kann also durchaus sein, dass an der Neuen Stadtschule ein 12-jähriges Mädchen und ein 14-jähriger Junge im Fach Französisch einen ähnlichen Lernstand aufweisen. Nun macht es absolut keinen Sinn, die beiden Jugendlichen in ihren jeweiligen Jahrgangsklassen festzuhalten. An der Neuen Stadtschule sind deshalb Klassen komplett aufgelöst und tauchen einzig im Zeugnis wieder auf.

Gelernt wird in Lerngruppen, in mehreren Niveaus. Die Niveaugruppen sind absolut durchlässig – wer gute Leistungen erzielt, kann aufsteigen, wer überfordert ist oder zu wenig arbeitet, muss allenfalls sein Niveau gegen unten hin korrigieren. In aller Konsequenz heisst dies, dass kaum zwei Jugendliche an der Stadtschule den gleichen Stundenplan besitzen. Eigentlich logisch, oder gibt es zwei identisch begabte und identisch reife Jugendliche, die gleich fasziniert sind von den gleichen Fächern und auch noch gleich alt sind?

Unser Herz – Das Coaching

So viel Individualität im Schulalltag verlangt nach einer engen Begleitung. Jene findet bei uns in einem regelmässigen Coaching statt. Mindestens alle drei Wochen setzt sich ein vom Lernpartner bestimmter Coach mit dem Jugendlichen zusammen und diskutiert mit ihm seinen Lernstand, seine Lernplanung und seine persönlichen Herausforderungen.

Clubs – was sind das?

An zwei Nachmittagen vertiefen unsere Jugendlichen ihre Neigungen in sogenannten Clubs. Anders als in der Volksschule, wo Schüler eine gewisse Anzahl Freifächer besuchen, müssen sich unsere Lernpartnerinnen und Lernpartner für ein Clubangebot bewerben. Die Clubs werden von Lernbegleitenden angeboten oder aber auch von bestimmten Lernpartnern oder Lernpartnerinnen, die den sogenannten Master-Status besitzen.

Master of Learning und Advanced Learner?

Ja, klar, an der Stadtschule starten alle Jugendlichen mit den gleichen Rechten und den gleichen Pflichten. Lernpartnerinnen und Lernpartner, die über längere Zeit hinweg im Bereich des Lernens, der Kultur des Zusammenlebens, der Selbstorganisation und des Engagements für die Schule positiv auffallen, können erweiterte Rechte erwerben.